Lesenswerte Leserbriefe
Lesenswerte Leserbriefe
Kahlschlag an der Burg? WTF!
Der ökologische Wert zählt nicht
von Peter Schmidt Sprecher der Bürgerinitiative zum Erhalt des Jahnstadion-Waldes
Betr.: Berichte über Baumfällungen der letzten Wochen
Die Marler Bevölkerung schreckt auf. In Marl hat die Motorsäge wieder großflächig zugeschlagen. Diesmal im Naturschutzgebiet "Die Burg" und im "Försterbusch". Liebe Stadt, hast du den Sachverstand verloren? So einfach liegt der Fall nicht. Die Rechtfertigung heißt "Verkehrssicherungspflicht". Die Bäume werden also zum Schutz der Menschen gefällt! Das lässt sich gut verkaufen. Führende Verantwortliche lassen sich vor einem umgestürzten Baum fotografieren (s.u.) und suggerieren damit, dass es mit allen Bäumen passieren kann. So ist es aber nicht! Ganz im Gegenteil, durch die Fällungen ist der verbliebene Baumbestand gefährdet.
Die MZ titelt einen Artikel mit: "Ein Teil der 80 instabilen Bäume ist schon weg" und übernimmt kritik- oder ahnungslos den Terminus des ZBH. Es muss ein Gutachten existieren, welches die Fällgründe darlegt. Die Transparenz gebietet, dem Bürger Akteneinsicht zu gewähren. Es handelt sich um ein Naturschutzgebiet, in dem Fällungen schwerwiegender als anderswo sind. Daraus muss eine genauere Beurteilung erfolgt sein. Skepsis ist angesagt.
Die Durchforstung des Waldes am Steinern Kreuz hat uns vor Augen geführt, wie die Folgen einer unzeitgemäßen Waldwirtschaft aussehen. So wurde mit schwerem Gerät, wie auch in "der Burg", der Wald radikal durchforstet. Die so beackerten Böden sind schwer geschädigt. Rückepferde zur Schonung der Böden sind für Marls "Kahlschläger" ein Fremdwort. Die freigestellten Bäume waren Anfang 2018 ein leichtes Opfer für Sturm Friederike. Es ist grauenvoll, sich diesen zerrupften Wald anzuschauen. Die Stadt will uns diese verkorkste Waldwirtschaft noch als Erfolg verkaufen.
Dahinter steckt ein simples Denken. Wir hauen den Wald großräumig weg, und haben Ruhe vor den "lebensgefährlichen" Bäumen; Der ökologische Wert zählt nicht. Die Flora und Fauna wird damit schon klarkommen.
So krass der Eingriff am Försterbusch auch sein mag, die Dimension an der Burg toppt alles. 150-jährige Buchen werden in Sippenhaft genommen und generell als Gefahr eingestuft. Die Bäume stehen dort seit 1870.
Die angrenzenden Kleingärten wurden in den 50er Jahren illegal errichtet und erlangten erst Anfang der 2000er Legalität. Vereine haben eine Lobby - Bäume nicht!
Wer kontrolliert die Kontrolleure?
Einfühlsamer Umgang mit der Natur ist in Marl eine Fehlanzeige. Ohne Rücksicht auf Verluste, wird unser Wald massivst geschädigt. Ein Lerneffekt auf verantwortlicher Seite ist nicht erkennbar. Warum häufen sich die Fällungen ·so massiv? Wurde vorher nie kontrolliert? Gibt es neue Richtlinien? Wer kontrolliert die Kontrolleure? Wird ökologisch abgewägt? Änderten sich gesetzliche Bestimmungen? Begleichen Versicherungen keine Baumschäden mehr?
Will die Stadt am Holzverkauf verdienen?
Wann werden die Verantwortlichen ökologisch sensibilisiert?
Einen positiven Wandel im Umgang mit der Natur gibt es in Marl nicht.
Wir bitten alle naturliebenden Marler um Wachsamkeit. Schützt unseren Wald!
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Je mehr Bäume desto besser für das Stadtklima
von Olaf Ermisch
Betr.: Berichte über Baumfällungen der letzten Wochen
Die Stadt Marl hat die Pflege der Wälder vernachlässigt. Der ZBH war nicht in der Lage, kleine Flächen wie das "Fischerwäldchen" oder den Wald am Jahnstadion in Ordnung zu halten. Wo Müll liegt, kommt neuer hinzu.
Maßnahmen zum Erhalt großer Bäume und Neupflanzungen sind dürftig. Durch erste Baumfällungen am Jahnstadion sind große Lücken entstanden, die zum Windbruch einladen. Wie "gut" die Arbeit der WaIdpflege war, kann man sich entlang der Recklinghäuser Straße ansehen. Nachdem die Holzerntemaschinen fertig waren, hat der Sturm große Teile des Waldes den Rest gegeben. Das zum Schutz der Bäume und zur Verkehrssicherungspflicht.
Schaut man sich die Baumsatzung aus 2007 genauer an, so werden die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, die Gestaltung, Gliederung und Pflege des Orts- und Landschaftsbildes und zur Sicherung der Naherholung, die Abwehr schädlicher Einwirkungen wie z. B. Luftverunreinigungen und Lärm, die Erhaltung oder Verbesserung des Stadtklimas und Erhaltung eines artenreichen Baumbestands gefordert. Klingt gut, wird aber nicht gemacht!
Die Ersatzpflanzungen sind laut Baumschutzsatzung gefordert und werden auch umgesetzt. Aber: Ein kleiner Baum ist nicht gleichwertig einem jahrzehntelang gewachsenen Baum. Man stelle sich unter die Krone einer alten Eiche oder einer alten Buche. Ein nachgepflanzter junger Baum hat nicht einmal 1 % der Blattfläche, wirft kaum Schatten, filtert kaum Staub und bis Vögel darin nisten wollen, wird es dauern. Und was nutzt es den Stadtmenschen, wenn am Stadtrand Ersatzpflanzungen vorgenommen werden. Das Grün gehört in die Stadt, auch wenn es aufwendig ist.
An jedem trockenen und heißen Sommertag werden sich Menschen freuen, wenn sie sich im Schatten der Bäume aufhalten können und wenn die Temperatur in der Stadt insgesamt gesenkt werden kann.
Flächen für Ersatzpflanzungen
Der Stadt Marl fehlen Flächen für Ersatzpflanzungen. Die Verantwortlichen sollen transparent machen, wo und in welchem Umfang Ersatzpflanzungen vorgenommen wurden. Die Web-Seite der Stadt wäre dafür bestimmt geeignet.
Eine Schonung mit Setzlingen halte ich für keinen adäquaten Ersatz. Das ist Augenwischerei. Denn von diesen gepflanzten Bäumen wird nur ein Bruchteil zu einem großen Baum heranwachsen können und dürfen.
Mit dem scheinheiligen Argument der Verkehrssicherungspflicht
werden wieder alte Bäume - diesmal in der Matena - gefällt werden.
Die Bezeichnung Holzernte wäre wahrscheinlich treffender.
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Der gesunde Menschenverstand wird arg strapaziert
Von Willy Brünn
Betr.: Berichte über Baumfällungen der letzten Wochen und Stellungnahme der Stadt vom 19. Januar
Herr Dr. Ermisch hat in seinem und im Namen der Familie Dreier Stellung genommen zu diversen Baumfällaktionen. Ich glaube, er drückt sehr genau das Empfinden vieler Bürger aus, die tatsächlich "fassungslos" (Zitat) zuschauen müssen, wie "die Axt kreist" beziehungsweise die Kettensäge ganze Arbeit verrichtet.
Wie schnell ist ein alter Baum gefällt - wie lange braucht es, damit wieder ein großer Schattenspender nachwächst? Dr. Ermisch stellt noch einmal in ganzer Breite die Problematik von Baumrodungen dar und ist da keineswegs "herabwürdigend", wie die Pressestelle der Stadt Marl in einer Stellungnahme ausführt.
Die Beurteilung von Notwendigkeiten einer Fällung wird in dem Statement der Stadt Marl mit allgemeiner Sicherheit, Fürsorge und Verantwortung den Bürgern gegenüber begründet. Warum aber dann ein Leserbrief wie der von Dr. Ermisch? Warum dann dieses vielfach empfundene Gefühl von Willkür, von Ohnmacht und Untransparenz? Es ist wahrscheinlich so, dass der "normale Bürger" nicht über das hier zitierte "Fachwissen" in letzter Konsequenz verfügt, aber die Sichtungen nach solchen Fällaktionen vor Ort lassen oft nur Kopfschütteln zu, wenn man auf die Schnittstellen und Baumstrukturen schaut. Der "gesunde Menschenverstand", der da eine augenfällige, objektive Wahrnehmung hat, wird dann wirklich sehr strapaziert. Die - ich nenn' sie mal - "sogenannten" Fachleute belegen dann immer, wie unkompetent wir dann am Ende doch sind und: Baum ab!!
Ich glaube, so geht das nicht! Es muss in dieser Thematik mit mehr Transparenz gearbeitet werden. Die Offentlichkeit muss besser aufgeklärt werden, nur so kann man mit Akzeptanz rechnen.
Jeder Baum ist es allemal wert!
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Tuesday, January 29, 2019
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Ein Naturschutzgebiet, das den Namen nicht mehr verdient
Von Thorsten Franzen
Betr.: Berichte über Baumfällungen der letzten Wochen
Zu ihrem Bericht vom 29. März "Gute Nachricht für Spaziergänger" muss ich mal was loswerden. Wenn man den Bericht las und regelmäßig durch die Burg spazieren geht, musste man unweigerlich an einen verfrühten Aprilscherz denken.
Diese Darstellung mag schön in der Zeitung klingen, hat aber wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Erst wird ein großer Teil der gesunden Bäume an der Gräwenkolkstraße gefällt und eine Schneise wie für eine Landebahn vom Waldeingang Gräwenkolkstraße bis zum schwarzen Weg - an Sportplatz und Kleingartenanlage vorbei - gezogen. Dann werden die kaputten und verdreckten Bürgersteige (von den Fällarbeiten) einfach so hinterlassen.
Dazu kommen das hinterlassene Schlachtfeld des ehemaligen Waldstückes und die Wege, die größtenteils immer noch mit Ästen und Zweigen übersät sind, sodass man sich die Füße bricht. Da heißt es "Die Arbeiten an den Wegen im Naturschutzgebiet "Die Burg" sind abgeschlossen".
Nachdem nach meiner Schätzung 200 bis 300 Bäume - nicht 80, wie geschrieben - dem Naturschutzgebiet geraubt wurden, wurde einfach alles liegen gelassen und an den Wegen nichts mehr gemacht.
Zu allem Überfluss fiel dann auch noch kurze Zeit später der letzte Baum, der zwischen Klein-gartenanlage und Sportplatz übrig gelassen wurde, beim ersten Sturm auf den Sportplatz. Der liegt da bis heute. Ein Naturschutzgebiet, das den Namen leider nicht mehr verdient. Traurig für die Natur und den Bürger. Was nutzt da eine tolle neue Brücke am Ende des Waldes, wo wahrscheinlich fast keiner hergeht.